Winzig, zäh und zahlreich

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Julian Hübecker
8101

Sachbuch-Couch Rezension vonMai 2020

Wissen

Ein idealer Einstieg in die Bakterienwelt. Die Einführung gelingt fehlerfrei, der Atlas bleibt aber holprig zurück.

Ausstattung

50 Arten werden exemplarisch vorgestellt und mit schönen Bildern aufgewertet.

Ein nützlicher, aber auch gefährlicher Mikrokosmos

„Die Erde ist der Planet der Bakterien. Ein Kubikzentimeter Erdboden enthält etwa eine Milliarde von ihnen (…).“

Sie befinden sich überall, ob im Wasser, in der Luft, auf der Haut oder in unserem Körper: Bakterien. Über 14.000 Arten sind bislang bekannt, doch Experten schätzen, dass es etwa eine Billion sind – fünfmal so viele, wie es Sterne in unserer Galaxie gibt. Da mag es nicht verwundern, dass die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt und Wissenschaftler immer wieder neue Arten an schwer zugänglichen Orten entdecken.

Dabei dürfte es unsere belebte Umwelt gar nicht geben, würden Bakterien nicht existieren. Sie gehen wertvolle Symbiosen ein, ob mit Pflanzen zur besseren Nährstoffaufnahme oder mit uns Menschen, wo sie unserer Verdauung helfen. Es gibt sogar einige, die Giftstoffe abbauen, Gewässer reinigen und der Nahrungsmittelindustrie bei der Produktion von Käse, Joghurt und Sauerkraut verhelfen. Dennoch haben Bakterien einen schlechten Ruf, bleiben doch vor allem die gefährlichen Vertreter im Gedächtnis, wie Yersinia pestis, die Pestbakterie, oder Bacillus anthracis, welches Milzbrand auslöst.

„Schätzungen zufolge gibt es vier bis sechs Quintillionen Bakterien auf der Erde, eine Zahl, die die geschätzte Anzahl aller Sterne im Weltall (siebzig Trilliarden) bei Weitem übersteigt.“

Vor allem aber zeichnen sich Bakterien durch ihre Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit aus. Ob nun im tiefsten Eis, im sauren wie basischen Milieu oder in der Tiefsee – jeder Lebensraum wird von der einen oder anderen Bakterienart besiedelt. Da liegt die Frage nicht fern, ob nicht auch welche im Weltall auf anderen Planeten zu finden sind. Tatsächlich konnte festgestellt werden, dass die vor ihrem Start gründlich desinfizierten Spaceshuttles und Satelliten trotz allem Bakterien ins All getragen haben – sorgen wir also für eine Besiedlung fremder Himmelskörper?

Ludger Weß‘ Bakterienatlas ist ein spannender Einstieg in die Welt des Mikrokosmos. Dank kleiner Anekdoten und bildhafter Beschreibungen findet man sich schon in der Einleitung schnell zurecht. Hier klärt der Autor auf, was Bakterien sind, wie diese erforscht werden und warum. Daran anschließend beginnt der eigentliche Atlas aus 50 ausgewählten Bakterien – die Zusammenstellung wird ihm bei der Fülle an Arten gewiss nicht leichtgefallen sein.

Jedes Bakterium hat ihr kleines Bild bekommen, was das Büchlein nicht zu einem verstaubten Lexikon verkommen lässt. Es eignet sich auch gut zum Durchblättern und Schmökern, wenn man sich nochmal in die Bakterienwelt hineinbegeben möchte. Geschrieben ist es manchmal ein wenig sehr wissenschaftlich, auch verrennt sich der Autor gelegentlich in Wiederholungen aus vorherigen Seiten. Hier wäre ein wenig mehr Abwechslung angebracht gewesen. Dennoch gibt es wohl derzeit keinen besseren Einstieg in die Welt der Bakterien.

Fazit:

"Winzig, zäh und zahlreich" ist ein kleines, süßes Büchlein mit viel Inhalt. Trotz einiger holpriger Beschreibungen ist es ein interessanter Atlas mit schönen, hochwertigen Bildern und einer optimalen Auswahl an verschiedenen Bakterien.

Winzig, zäh und zahlreich

Ludger Weß, Matthes & Seitz

Winzig, zäh und zahlreich

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