Schliemann und das Gold von Troja
- Galiani-Berlin
- Erschienen: August 2021
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Von einem, der auszog Troja zu finden
1994 erfährt der Fernsehjournalist Frank Vorpahl, dass sich der legendäre und seit 1945 verschollene „Schatz des Priamos“ im Moskauer Puschkin-Museum befindet – russische Soldaten nahmen ihn damals als Beutekunst von Berlin mit nach Russland, wo er bis 1987 vor der breiten Öffentlichkeit geheim gelagert wurde. Vorpahl war vom Schatz ebenso fasziniert, wie von seinem Entdecker, dem Archäologen Heinrich Schliemann. Mit „Schliemann und das Gold von Troja“ legt Vorpahl jetzt eine Biografie vor, die alle Seiten des umstrittenen Selfmade-Archäologen zeigt und außerdem auf die scheinbar nie enden wollende Debatte um Troja eingeht.
Vom Krämergesellen zum Archäologen
Vorpahl geht das Leben des 1822 geborenen Schliemann chronologisch an, wobei er nur sehr kurz auf dessen Kindheit, die mangelnde Schulbildung, die Zeit als Krämergeselle im Laden des Onkels und den ungewöhnlichen Weg hin zum reichen Geschäftsmann eingeht. Seine ausführlichen Schilderungen beginnen mit dem „zweiten“ Leben Schliemanns, als dieser sich zum Reiseschriftsteller und schließlich zum Ausgräber von Troja in Hisarlik berufen fühlt.
Schliemann ist eine egoistische und wenig liebenswürdige Persönlichkeit, die viel von einem Lügenbaron hat. Seine angeblich seit Kindertagen bestehende Liebe zu Homers Odyssee ist nicht nachweisbar; die verfasste Reiseliteratur fragwürdig; den Doktortitel erlangte er, der nicht einmal das Gymnasium besuchte, geschweige denn ein Studium abschloss, auf mehr als dubiose Weise und seine Ziele verfolgte der zu Reichtum Gekommene ohne jede Rücksichtnahme, was eigentlich schon alles über seinen Charakter aussagt.
Troja steht im Mittelpunkt des Buches
Bekannt geworden und geblieben ist Schliemann aufgrund seiner Schatzsuche in Hisarlik, wo er Troja vermutete und wo er den „Schatz des Priamos“ fand. Vorpahl stellt diesen Teil von Schliemanns Leben in den Mittelpunkt des Buches. Er schildert detailreich und spannend den Weg von der ersten desaströsen Probegrabung, dem Fund des Depotschatzes und den darauffolgenden sehr fragwürdigen Umgang Schliemanns mit ihm, bis hin zu Schliemanns Tod 1890 in Neapel.
Anschließend geht er auf die Wahrnehmung des Schatzgräbers Schliemann in heutiger Zeit ein. Für die Öffentlichkeit ist er der Ausgräber von Troja, die Fachwelt hingegen bekommt heute noch Magenkrämpfe, wenn sie an seine zerstörerische Arbeit auf dem Hügel von Hisarlik denkt, die er mehr zerstört hat, als wissenschaftlich fundiert ausgegraben.
Fast so spannend wie ein Krimi
Vorpahl hat umfassend zum Thema Schliemann recherchiert, was die ausführlichen Anmerkungen und die mehr als zehn Seiten lange Bibliografie zeigt. Dieses Wissen hat er populärwissenschaftlich aufgearbeitet und daraus eine Biografie gemacht, die ebenso flüssig, wie spannend zu lesen ist. Dabei geht er die Schilderung Schliemanns neutral an und nur manchmal blitzt die Kritik an der fragwürdigen Persönlichkeit auf.
Die Ausführungen sind alles andere als eine kurze Übersicht über das Leben Schliemanns. Viele interessante Details lassen die Schilderungen manchmal fast schon ausufern und dürften die Biografie dadurch wirklich nur für Anhänger oder Kritiker Schliemanns interessant machen.
Ergänzt wird der Text durch einige farbige Fotos, die natürlich u.a. das berühmte Bild von Schliemanns Frau Sophia mit dem Goldschmuck zeigen. Während Vorpahl sehr ausführlich auf die Zeit der Grabungen in Hisarlik eingeht, handelt er den Umgang mit der Trojafrage in der heutigen Zeit etwas zu schnell ab. Auch die Sicht der Fachwelt auf den Selfmade-Archäologen, seine Arbeit und vor allem ihre Auswirkungen auf spätere Grabungen kommt zu kurz und hätte ausführlicher das Gesamtbild abgerundet. Leider hat sich auch ein kleiner Fehler in der Vorstellung des Autors eingeschmuggelt, der nicht 1996, sondern schon 1994 vom „Schatz des Priamos“ in Moskau erfuhr.
Fazit
Ausführlich und detailreich hat sich Frank Vorpahl dem Leben Heinrich Schliemanns gewidmet. Die Biografie dieses umstrittenen Goldsuchers liest sich spannend wie ein Krimi, dürfte allerdings aufgrund der vielen Einzelheiten nur etwas für Leser sein, die tiefer in die Materie einsteigen wollen.
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