Der Oslo-Report

Der Oslo-Report
Der Oslo-Report
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Julian Hübecker
10101

Sachbuch-Couch Rezension vonJan 2022

Wissen

Mehr geht einfach nicht: Schlüssig und informativ, aber weder trocken noch langweilig.

Ausstattung

Interessante Fotos, ausführliches Literaturverzeichnis und der Oslo-Report im Anhang.

Liest sich wie ein Agenten-Thriller

Als Nazideutschland Ende 1930 den Krieg gegen das restliche Europa ausrief, waren Informationen für beide Seiten Gold wert. Vor allem Großbritannien war auf Spione angewiesen, reagierten sie doch recht offensiv gegen die Achsenmächte, während ihre Verbündeten fatalerweise abwarteten. Ein wichtiges Dokument für den britischen Geheimdienst war der Oslo-Report, dessen Urheber noch Jahrzehnte nach dem Krieg unbekannt war – bis er sich nach seinem Tod offenbaren ließ.

Der Oslo-Report erzählt aber nicht nur von einem deutschen Wissenschaftler, der sich als einer der wenigen in seinem Umfeld aktiv gegen den Nationalsozialismus engagiert und einen hohen Preis dafür bezahlt hat. Es ist auch eine Geschichte der engen Verflechtungen zwischen Wissenschaft, Politik, Geheimdiensten und Militär.“

Hans Ferdinand Mayer wird vielen kein Begriff sein, dabei spielte der deutsche Physiker eine wichtige Rolle im deutsch-britischen Wettrüsten. Beide Seiten wussten nicht, wie gut die jeweiligen Armeen aufgestellt waren, welche Waffen zum Einsatz kommen würden und wo strategisch wichtige Orte der Gegenseite zu finden waren. Da gingen 1939 zwei Briefe in der britischen Botschaft in Oslo ein: der Oslo-Report. In diesem standen wichtige deutsche Waffensysteme und weitere bedeutende Informationen, die einen Vorteil im Krieg bedeuteten. Der britische Geheimdienst hielt dies erst für eine Fälschung, doch die Echtheit sollte sich schon bald beweisen. Aber wer verfasste dieses Dokument?

Erst nach seinem Tod ließ Hans Ferdinand Mayer seine Rolle im Krieg veröffentlichen, die er sogar vor seiner Familie geheim hielt. Dabei hatte er viel riskiert – hatten Kollaborateure doch die Todesstrafe zu erwarten. Durch seine Kontakte hatte Mayer Glück, landete schließlich aber doch im KZ. Er überlebte; seine Geschichte klingt aber wie ein Agenten-Thriller, gleichzeitig spannend wie auch respekteinflößend.

Lebendige Geschichte

Ein Sachbuch ganz nach meinem Geschmack: einnehmend, informativ und spannend. David Rennert könnte auch einfach einen Thriller geschrieben haben, so dramatisch schildert er die Geschichte von Mayer. Dabei baut er es nah am historischen Geschehen auf: Die Identität des Autors des Oslo-Reports verrät er erst spät, lässt zunächst die geschichtlichen Abläufe sprechen, in denen die Briefe beinahe untergegangen wären. Doch Mayer war brillant in seiner Strategie, nutzte Verbindungen und Tricks, um sicherzugehen, dass der Report ankommen würde. Rennert weiß diese Informationen, die im Literaturverzeichnis nachzuvollziehen sind, zu nutzen und faszinierend zu vermitteln.

Zusätzlich finden sich im Mittelteil noch Fotos als i-Tüpfelchen (obwohl ich Bilder im Fließtext bevorzuge), die es zu einem rundum gelungenen Sachbuch machen. Wer danach ebenso gefesselt von der Historie ist wie ich, auf den wartet dann noch der Oslo-Report als Anhang, der Nazideutschland einen empfindlichen Schlag verpasst hat.

Fazit

So wird Geschichte lebendig! David Rennert nutzt nicht einfach dröge, historische Fakten, sondern baut diese zu einer spannenden Abfolge auf, die einen nicht mehr loslässt.

Der Oslo-Report

David Rennert, Residenz

Der Oslo-Report

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