Scharfsinnige Analyse eines Systemsprengers.
Selten wurde ein neuer US-Präsident bereits vorab derart kritisch beäugt wie Donald Trump. Dies liegt nicht nur an den Auswirkungen seiner ersten Amtszeit (2017-2021), mit denen auch die Regierung Bidens im Anschluss zu kämpfen hatte, sondern an den bereits im Wahlkampf geäußerten Plänen für seine zweite Amtszeit. Gleichzeitig gelang es bislang niemandem, US-Präsident zu werden, ohne zuvor ein politisches oder militärisches Amt bekleidet zu haben.
Als erste Amtshandlung unterzeichnete Trump im Januar sechsundzwanzig „Executive Orders“, mehr als jeder frühere Präsident vor ihm. Einige machten Verfügungen seines Amtsvorgängers Biden rückgängig. Besonders aber seine protektionistische Handelspolitik mit hohen (Zwangs-)Zöllen sorgten für großen Wirbel weltweit.
Anscheinend skrupellos setzt Trump sich als Alleinherrscher über alle Gesetze und Regeln hinweg. In seiner schier grenzenlosen Hybris tritt er als Retter der USA auf. Man dürfe bei aller Kritik aber nicht vergessen, so Theveßen, dass Donald Trump von der Mehrheit der US-Bürger gewählt wurde. Aber durch die Missachtung der demokratischen Grundprinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung werde ebenso deutlich, dass sich das Land immer mehr von einer Demokratie entferne. Elmar Theveßen macht sich auf die Suche nach Gründen, warum die amerikanische Bevölkerung einen Mann wählte, der durchaus faschistische Züge besitzt. Dabei kommen ebenso die einfachen Menschen wie auch Politiker, Militärs und Fachleute zu Wort.
So entsteht zusammen mit Theveßens journalistischer Expertise ein umfassendes Bild und gleichzeitig ein düsteres Szenario. Gerade deswegen sollte man das aktuelle Buch Elmar Theveßens lesen.
Washington-Korrespondent und Fachmann
Elmar Theveßen, Jahrgang 1967, studierte nach seinem Abitur am Albertus-Magnus-Gymnasium in Viersen-Dülken Politische Wissenschaft, Geschichte und Germanistik. Nach verschiedenen journalistischen Stationen, u. a. 1995-2001 als ZDF-Korrespondent für Nordamerika im Studio Washington und 2007-2019 als stellvertretender Chefredakteur des ZDF, ist er seit März 2019 Leiter des ZDF-Studios Washington. Zuletzt wurde er 2023 mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für seine herausragenden journalistische Tätigkeit ausgezeichnet.
2021 erschien beim Piper Verlag sein Sachbuch „Die Zerstörung Amerikas“, eine kritische Bilanz und fundierte Analyse der ersten Präsidentschaft Donald Trumps. Bereits damals verwies der Journalist auf die weitreichenden Folgen für Amerika und die Welt. In seinem aktuellen Buch „Deadline“ setzt er sich - beginnend mit dem letzten Wahlkampf - mit den ersten Monaten des zweiten Präsidentschaft Trumps in den USA auseinander. Eine ebenso klare, sachliche und fundierte Analyse, bei der Theveßen nicht nur Trumps Auftreten und seine Maßnahmen regelrecht „seziert“, sondern dabei stets das Ganze im Auge behält.
Vielschichtige und weitreichende Analyse
Schon seit Jahren zeichne sich laut Theveßen in den USA eine alarmierende Hinwendung zum Autoritarismus ab. Eine grundsätzliche Sympathie einer starken Zentralisierung der Macht sei aber auch in Deutschland erkennbar. Ziel der Analyse Theveßens sei es, aufzuzeigen, wie Donald Trump die Demokratie gefährde. Dabei geht der Autor zunächst der Frage nach, warum der aktuelle US-Präsident überhaupt die Möglichkeit erhalten habe, seine Ziele umzusetzen und warum seine demokratischen Widersacher - Biden und später nach dessen Verzicht Kamala Harris - die Wahl verloren haben.
Auch die Methoden, mit denen Trump nach seinem Amtsantritt versucht, seine präsidiale Macht massiv auszudehnen, und die Unterstützung seiner willfährigen Helfer („Clown-Car“) werden vom Autor dargestellt. Dazu gehört auch die Gruppe der Reichen (u.a. Elon Musk), die zwar nicht gewählt wurde, die sich den Staat aber ein Stück weit zur Beute machen würde, so der Autor. Interessant ist der Blick auf Trumps Wirtschafts- und Finanzpolitik, die ebenso ambivalent wie risikoreich erscheint. Des Weiteren geht Theveßen auf die Zuwanderungspolitik der neuen Trump-Administration sowie die weltpolitischen Ambitionen der Vereinigten Staaten ein. Seinen Blick auf die moralischen Implikationen einer US-Politik, die fatal an die ethischen und rechtlichen Überzeugungen aus der düsteren Zeit der europäischen und deutschen Geschichte erinnern würden, leitet Theveßen mit Trumps Rückblick auf den Attentatsversuch vom 13. Juli 2024 und dessen Worte bei der Vereidigung ein: „Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder großartig zu machen.“ Da mag es einen regelrecht gruseln.
Auch Trumps Vize J. D. Vance und dessen krude, rätselhafte Gedankenwelt widmet der Autor ein Kapitel, welches inhaltlich ebenso erschreckend wie unfassbar wirkt. Zuletzt geht es um die Antworten, die Europa und Deutschland auf die Herausforderungen aus Washington finden müssen, um angemessen auf den Trumpismus zu reagieren.
Fundierter Blick eines Journalisten
Elmar Theveßen gelingt es, ein vielschichtiges Bild der US-amerikanischen Politik und insbesondere der Gedankenwelt Donald Trumps zu zeichnen. Basis dafür sind umfangreiche Recherchen und Gespräche mit Menschen, die er und sein Team im Rahmen eines Roadtrips während des Wahlkampfs quer durch die USA unternommen haben. Aber auch die Stimmen von Politikern, einflussreichen Wirtschaftsmanagern und hochrangigen Militärs schenkt Theveßen Gehör. Neben offenen Quellen, auf die er immer wieder verweist, sind auch nicht näher verifizierbare Aussagen von Nachrichtendiensten Teil seiner Analyse. Der Autor versucht Antworten auf wichtige Fragen zu finden, die die Weltpolitik nachhaltige beschäftigen werden.
Fazit
„Deadline“ ist ein absolutes Must-Read für alle Politikinteressierten. Akribisch und fundiert nähert sich Elmar Theveßen der Politik eines Systemsprengers, die Auswirkungen nicht nur auf die Politik und Wirtschaft weltweit besitzt, sondern auch die Frage stellt, ob Europa und Deutschland bereit sind, die Werte und Ideale der liberalen Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft geschlossen und im Zweifel auch ohne oder gar gegen ein autoritäres Amerika unter Donald Trump zu verteidigen. Theveßen beweist mit diesem Buch erneut seine journalistische Extraklasse.

Deine Meinung zu »Deadline«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!