Son of the South

Film-Kritik von Carola Krauße-Reim (10.2021) / Titelbild: © Busch Media Group

Ein weißer Student kämpft gegen die Rassentrennung in den Südstaaten

„Son of the South“ basiert auf der Autobiografie „The Wrong Side of Murder Creek“ von Bob Zellner. Er wurde erstmals auf dem American Black Film Festival 2020 gezeigt, kam 2021 in die deutschen Kinos und liegt jetzt als DVD/Blue Ray vor. Es ist einer der wenigen, vielleicht sogar der einzige Film, in dem der Kampf gegen die Rassentrennung in den USA aus Sicht eines weißen Amerikaners geschildert wird, der an der Seite der Schwarzen für deren Gleichberechtigung kämpft.

Robert Zellner

Die zentrale Figur des Filmes ist Robert Zellner. 1939 wurde er in eine typische Südstaaten-Familie geboren: Vater und Großvater gehörten dem Ku-Klux-Klan an. Vater James sagte sich später los und wurde Prediger, woraufhin er von seinen Eltern enterbt wurde. Für eine Semesterarbeit über Rassenbeziehungen kommt der junge Student Bob erstmals in direkten Kontakt mit Schwarzen, die für ihre Rechte und Gleichberechtigung kämpfen. Anders als seine Kommilitonen schließt sich Bob der Bürgerrechtsbewegung an, wird Mitorganisator der Freedom Rides von 1961 und der erst Weiße, der dem „Student Nonviolent Coordinary Committee“ (SNCC) angehört. Er arbeitet u.a. mit Martin Luther King und Rosa Parks zusammen. Während seiner Einsätze wurde Zellner mehrmals verletzt und verhaftet. Später lehrte er die Geschichte des „Civil Rights Movement“ an der Long Island University und setzt sich noch heute für Gleichberechtigung ein.

Vorkenntnisse sind willkommen

Der Oscar-nominierte Regisseur und Drehbuchautor Barry Alexander Brown ist Amerikaner und setzt für diesen Film in Amerika allgemeingültige Kenntnisse über das „Civil Rights Movement“ voraus. Das könnte in Europa ein Problem sein: Wer sich mit diesem Thema kaum oder gar nicht auskennt, sollte das auf jeden Fall nachholen, bevor er sich den Film ansieht. Zumindest die Aktion von Rosa Parks und der anschließende Busboykott von Montgomery, die Freedom Rides und Personen, wie Ralph Abernathy und Virginia Durr sollten bekannt sein, denn sie bilden die Grundlage zu diesem Film.

Zwar werden immer wieder Dokumentarsequenzen dieser Ereignisse gezeigt, doch sie ersetzen nicht das Hintergrundwissen. Die Stimmung 1961 ist gerade in den Südstaaten der USA aufgeladen, die schwarze Bevölkerung verlangt nach Gleichberechtigung, erst friedlich, dann immer mehr auch gewaltbereit. Diese Situation zeigt der Film deutlich, auch, wenn der Zuschauer ohne Vorwarnung hineingeworfen wird. Manchmal blitzt in dem Drama sogar Humor auf, z.B. wenn Bob lernen soll das Wort „Neger“ nicht wie „Nigger“ auszusprechen, damit er seine schwarzen Freunde nicht verärgert. Heute ist selbst dieses Wort tabu und ein Schimpfwort.

Schauspieler agieren zu klischeehaft

Lucas Till spielt Bob Zellner - das aber mehr schlecht als recht. Ihm nimmt man den ernsthaften Widerständler nur schwerlich ab. Seine Motive werden kaum beleuchtet, seine Ängste überhaupt nicht gezeigt. Selbst in lebensbedrohlichen Situationen hat er ein Grinsen im Gesicht, das die allgemein brenzlige und gewaltaufgeladene Situation während der Proteste ins Lächerliche zieht und wenig angemessen ist.

Der Kampf für Gleichberechtigung verkommt zu einer One-Man-Show, die die Gefahren und die Opfer der schwarzen Amerikaner nur als Hintergrund oder Beiwerk wertet und zeigt. Während Till den um Ernsthaftigkeit bemühten Sonnyboy gibt, entpuppen sich die Nebendarsteller eher als Klischees. Lucy Hale als seine Verlobte Carol Ann ist der Prototyp der Südstaaten-Tochter, die nur Familie und gesellschaftlichen Aufstieg im Kopf hat; die schwarze Aktivistin Joanne, gespielt von Lex Scott Davis, wird als Gegenpol zum damals vorherrschenden Bild der schwarzen Frau als ungebildete Hausfrau vermarktet und gleichzeitig als potentielle Liebschaft für Bob aufgebaut. Lediglich Sharonne Lanier als Rosa Parks ist erfrischend glaubwürdig und endlich einmal nicht die verhuscht-müde Berufstätige, die versehentlich zur Ikone wurde. Auch Brian Donnehy als Bobs Großvater, nimmt man den engstirnigen Ku-Klux-Klan-Anhänger ab, für den die Rassentrennung das natürlichste auf der Welt ist, wobei die kurzzeitige Schwäche für seinen abtrünnigen Enkel dabei weniger glaubwürdig erscheint.

Wichtiges und immer aktuelles Thema

Doch sieht man einmal von den überwiegend eindimensionalen Rollen und der Performance der Schauspieler ab – dieser Film hat eine wichtige und immer aktuelle Aussage. Zum einen zeigt er den Kampf der schwarzen Amerikaner für ihre Rechte und ist damit durchaus geeignet, nachfolgenden Generationen die Aktionen und Reaktionen der damaligen Zeit zu verdeutlichen. Er ist zum anderen dadurch aber auch gleichzeitig ein Mahnmal für Menschlichkeit und Gleichheit aller Menschen – und diese Botschaft dürfte immer und überall aktuell und bedeutsam sein.

Fazit:

„Son of the South“ ist ein Film mit historischem Inhalt und wichtiger Botschaft. Leider ist die Umsetzung weniger gut gelungen, wodurch der Film viel von seiner Brisanz verliert. Wer sich für die Zeit des „Civil Rights Movement“ interessiert, sollte ihn aber dennoch sehen, denn mit Bob Zellner wird diese Zeit aus der Sicht eines der wenigen weißen Anführer gezeigt.

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