Heimat Natur

Film-Kritik von Julian Hübecker (03.2022) / Titelbild: © polyband Medien GmbH

Eine Liebeserklärung an unsere heimische Natur

Die Natur hat wahre Wunder zu bieten, die uns immer wieder in Staunen versetzen. Ob die undurchdringlichen Regenwälder Neuguineas, die bunten Korallenriffe vor Australiens Ostküste oder die weiten Savannen Tansanias und Kenias – überall finden sich einzigartige Lebewesen, die sich an ihren Lebensraum perfekt angepasst haben und tagtäglich mit anderen Organismen wechselwirken.

So wild und pur wie diese Naturwunder erscheinen, denkt man nicht direkt an die deutsche Heimat. Dass die Wildnis aber direkt vor der eigenen Haustüre liegt, kann man in dieser beeindruckenden Dokumentation in 100 Minuten entdecken.

Von den Alpen bis zur Ost- und Nordsee

Dieser Film von Jan Haft, einem vielfach prämierten Naturfilmer, der für seine prachtvollen Aufnahmen bekannt ist, entführt seine Zuschauer in ein faszinierendes Erlebnis einer Natur, die ebenso bedroht wie einzigartig ist. Verschiedene Ökosysteme werden besucht, deren teilweise sehr seltenen Bewohner bei ihrem Treiben beobachtet und erklärt, warum die trügerische Stabilität zwischen Leben und Tod keine Selbstverständlichkeit ist.

Gestartet wird in den Alpen, wo die Almwiesen durch traditionelle Beweidung kurz und artenreich gehalten werden. Denn ursprüngliche große Pflanzenfresser wie Wisente gibt es nicht mehr, ausgerottet vor wenigen hundert Jahren. Der Wald nimmt sich jeden Platz, den er kriegen kann, wenn seine natürlichen Feinde fehlen, die die zarten Sprösslinge abweiden. Doch die Almwiesen sind voller Leben: Seltene Tier- und Pflanzenarten finden hier ihr letztes Refugium. Auch einst ausgestorbene Tiere wie der Bartgeier und der Alpensteinbock leben hier, aufwendig wieder angesiedelt und auf eine stabile Population angewachsen.

Weiter geht’s in die nassen Moore, zwar arm an Nährstoffen, aber reich an endemischen Arten, die auf diesen bedrohten Lebensraum angewiesen sind. Die Heiden prägen als Kulturlandschaften so manchen Großraum in Deutschland und sind danach benannt, etwa die Döberitzer Heide. Seltene solitäre Bienenarten zeigen hier ihre symbiotischen Wechselwirkungen mit bestimmten Blütenpflanzen. Unsere Äcker dagegen erleben seit etwa hundert Jahren einen dramatischen Wandel: Geradezu industriell werden die Felder bewirtschaftet, es zählt nur noch maximaler Gewinn, und auch nur dann ist mit Förderungen seitens der EU zu rechnen. Die artenreichen Äcker, die Wildkräuter und Insekten einen Lebensraum boten, verschwinden immer mehr – und mit ihnen die Feldhamster, Rebhühner, Wachteln und Feldlerchen, die einst Allerweltsarten waren.

Zum Schluss darf man in die Ost- und Nordsee abtauchen, eine erstmals auf großer Leinwand zu sehende Schlangennadel betrachten, und Deutschlands größtes Raubtier, die Kegelrobbe, Nase an Nase begrüßen. Das Erlebnis, das einem geboten wird, gibt einen fantastischen Überblick über die Natur unseres Landes und sensibilisiert gleichzeitig für seine Verletzlichkeit.

Gefördert und gefordert

Dieser Film entstand durch eine Förderung der Heinz-Sielmann-Stiftung, welche Projekte unterstützt, die den Erhalt der Artenvielfalt und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Ziel hat. Heinz Sielmann war wohl der bekannteste Tierfilmer Deutschlands und da liegt es nahe, dass sein Erbe in solchen Filmen weiterlebt, die die Verletzlichkeit der Natur aufzeigen.

Gesprochen wird die Dokumentation von Benno Fürmann – mit dieser Goldstimme die absolut richtige Wahl! Ruhig und klar führt Fürmann durch den Film, vermittelt eine Sehnsucht nach der Unberührtheit, die die Drehorte längst verloren haben. Ob Nationalpark Vorpommersche-Boddenlandschaft, Rügen, die Zugspitze, die Schwäbische Alb oder der Schwarzwald: Über 20 Orte wurden besucht und liefern Bilder, die viele mit Sicherheit noch nie gesehen haben.

Spannende Momente, wie die seltene Aufnahme eines Schneckenkankers auf Jagd oder die faszinierende Diebesfähigkeit der Moorameise, finden sich ebenso wie magische Aufnahmen einer wunderschönen, zerbrechlichen Natur. Passend dazu gibt es im Handel das Buch „Heimat Natur – Eine Entdeckungsreise durch unsere schönsten Lebensräume von den Alpen bis zur See“, das viele Farbabbildungen aus dem Film enthält.

Fazit

Dieser Film ist eine Liebeserklärung an unsere heimische Natur, die ebenso bedroht ist wie die fernen, mehr beachteten Ökosysteme. Diese zu besuchen ist nicht immer möglich, aber ihre Schönheit wird in diesem fantastischen Film sichtbar.

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Film & Kino:
I Am a Noise

Die drei FilmemacherinnenMiri Navasky, Karen O‘Connor und Maeve O‘Boyle begleiteten Joan Baez einige Jahre lang. Sie waren bei ihrer Abschiedstournee 2019 dabei, die sie sich anfangs des Films noch gar nicht vorstellen konnte, und erhielten Einblicke in das Leben der Sängerin, wie sie wahrscheinlich bis jetzt kein Außenstehender bekommen hat. Titelbild: © Alamode Film

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