Verwobenes Leben

  • Ullstein
  • Erschienen: September 2020
  • 0

Sebastian Vogel (Übersetzer)

Verwobenes Leben
Verwobenes Leben
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Julian Hübecker
8101

Sachbuch-Couch Rezension vonNov 2020

Wissen

Wer hätte gedacht, dass Pilze so interessant und vielfältig sein können? Sheldrakes Begeisterung springt ganz klar über, sorgt aber gleichzeitig für einige Ausschweifungen.

Ausstattung

Etwa 100 Seiten Quellen sprechen ein klares Bild. Auch die Fotos weichen die Inhalte auf, sind aber schlecht platziert.

Dieses Buch verändert die Sicht auf Pilze völlig

Champignon, Trüffel und Pfifferling – für viele endet hier das Wissen über diese merkwürdigen Lebewesen, die näher mit den Tieren verwandt sind als mit den Pflanzen. Dabei befinden sie sich beinahe überall: ob in der Luft, bei uns zuhause, auf unserer Haut oder als meterlange Fäden in den Böden zu unseren Füßen. Pilze beeinflussen unser Leben auf vielfältige Weise, gehen komplizierte Beziehungen mit Pflanzen und Tieren ein und sind dazu noch schmackhaft.

„Pilze sind überall, aber man übersieht sie leicht. Sie sind in uns und um uns herum. Sie sorgen für uns und für alles, worauf wir angewiesen sind.“

Der Titel Verwobenes Leben verrät es bereits: Alles Leben ist miteinander in irgendeiner Weise verbunden, und die Pilze spielen dabei eine wesentliche Rolle. Merlin Sheldrake ist passionierter Wissenschaftler und begeistert von Pilzen aller Art, und als solches scheint es ihm ein Anliegen zu sein, Pilze nicht einfach platt auf biologischer Ebene vorzustellen, sondern klar als Organismen von herausragender Bedeutung anzupreisen – und viele Parallelen klingen einfach unglaublich.

Jene Pilze, die wir im Supermarkt kaufen können, sind nur die Fruchtkörper, die periodisch aus dem Boden schießen. Die größte Biomasse machen die Hyphen aus: fadenartige Zellen, die den Boden zusammenhalten und den Pilz neue Gebiete erkunden lassen. Dieser organische Stoff eignet sich hervorragend als Verpackungsmaterial, und einige Visionäre träumen sogar bereits von ganzen Gebäuden aus Pilzen. Doch das ist noch nicht alles: Sheldrake offenbart Zusammenhänge zwischen Pilzen und dem Weltall, unserem Gehirn sowie dem Internet. Ebenso stellt er halluzinogene Wirkungen vor, wie Pflanzen enge Bindungen mit Mykorrhiza-Pilzen eingehen und wie gewisse Pilze Algen als Partner „engagieren“ und so Flechten bilden.

Die Welt der Pilze ist gigantisch und sprengt jegliche Vorstellungskraft. Man kann sich nur vorstellen, wie schwer es dem Autor gefallen sein muss, die Informationsfülle auf nur etwa 300 Seiten zu begrenzen (gut 100 Seiten sind Quellenmaterial) – seine Begeisterung ist dennoch in jedem Satz zu finden.

„Pilze eröffnen uns entscheidende Einblicke in den Planeten, auf dem wir leben, und in unser Denken, Fühlen und Verhalten.“

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Pilze für das Überleben des Planeten von entscheidender Bedeutung sind. Mit klarer Formulierung und geduldig im Erklären fachlicher Tiefe hat der Autor versucht, den Wert dieser artenreichen Gruppe der breiten Leserschaft näherzubringen. Dabei hat er den Spagat zwischen laienhaftem Publikum und wissenschaftlichem Anspruch geschafft.

Die Gefahr bei allzu großer Begeisterung ist jedoch, dass man ins Schwärmen kommt. Das passiert auch Sheldrake hin und wieder, wenn er sich zu sehr in seinen Ausführungen verliert und sich im Kreis dreht. Dann muss man die Zähne zusammenbeißen oder querlesen, um wieder zu den wirklich spannenden Bereichen zu kommen. Schade ist auch, dass die interessanten Fotos gebündelt in der Buchmitte zu finden sind, anstatt verteilt in den jeweiligen Kapiteln. Vielleicht hätten so auch die Ausschweifungen interessanter werden können.

Fazit

Pilze werden schnell vergessen, obwohl sie diesen Planeten dominieren. Merlin Sheldrake fasst in Verwobenes Leben ein eindringliches Werk zusammen, das nicht nur die Pilze als einzelne Organismen betrachtet, sondern zieht Parallelen, die unser alltägliches Leben betreffen.

Verwobenes Leben

Merlin Sheldrake, Ullstein

Verwobenes Leben

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