Pageboy: Meine Geschichte

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André C. Schmechta
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Sachbuch-Couch Rezension vonJul 2023

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Es ist unmöglich, von Elliot Page nicht mitgerissen zu werden.

Seine Filmografie ist außergewöhnlich und umfangreich. Auch ich habe Elliot Page in vielen seiner Werke bewundert. Zuletzt wieder in „May Days of Mercy“ mit Schauspielerin Kate Mara, die wir auch im Buch antreffen werden. In seinen Filmen spielte Elliot Page lange Zeit nur weibliche Rollen - schließlich war er als Ellen Page geboren. Doch schon als Kind war ihm klar, dass etwas anders ist. Es sollte jedoch Jahrzehnte dauern, bis Elliot Page endlich anfangen konnte der zu sein, der er immer war. Und diese Jahrzehnte schildert er verdichtet auf gut 300 Seiten.

„Gefangen in einer Zwischenwelt“

Im Jahr 1987 geboren, outet sich der kanadische Schauspieler erst im Alter von 33 als transgender. In seinem packenden Buch macht er eindrücklich klar, wie beschwerlich sein Weg war. Und das, wo er in seinem Beruf auch noch im Scheinwerferlicht steht.

So erhalten wir Einblicke in sein künstlerisches Umfeld und seine Tätigkeit als Schauspieler, lesen von auch uns bekannten Persönlichkeiten. In einer von traditionellen Geschlechterrollen geprägten Industrie muss er Erwartungen entsprechen, sich für andere verstellen, entgegen seinen Sehnsüchten und Empfindungen in verschiedenste Rollen schlüpfen.

„Selbstsabotage durch Verdrängung und Selbstverletzung“

Elliot Page wirft uns immer wieder in eine bittere Realität - vom Kind bis zum erwachsenen Menschen. Seine Schilderungen rütteln auf. Es gibt Übergriffe und Verletzungen. Mal offen, mal subtil, sieht sich Page immer wieder Hass und Anfeindungen ausgesetzt. Fassungslos lesen wir von seelischen Grausamkeiten und Erniedrigungen selbst in der Familie.

Page schildert die schmerzhafte Suche nach der eigenen Identität. Erzählt vom beinahe aussichtslosen Kampf gegen Tabus. Innere Zerrissenheit und immer wieder Hoffnungslosigkeit setzen nicht nur der Psyche zu. Gut, dass Page nicht immer allein ist. So gibt es auch Beziehungen und Freundschaften, in denen er aufblüht, wo er sich mehr traut, er selbst zu sein. Es gibt zarte, aber fragile Momente voller Liebe, aber es verwundert nicht, dass sie nicht von Dauer sein werden.

Page schreibt offen und direkt, aber mit Bedacht. Seine lebensnahen Momentaufnahmen sind dabei niemals effekthaschend. Dabei berührt er vielfältige Lebensaspekte und Lebensumfelder, die seine Biografie äußerst facettenreich machen.

„Die letzte mögliche Abzweigung“

Es ist nicht immer ganz einfach auf Anhieb nachzuvollziehen, in welchem Alter sich Elliot Page bei den geschilderten Begebenheiten befindet. Denn er wechselt - auch in den einzelnen Kapitel - in der Zeit. So muss man stets ein wenig aufmerksamer sein. Zugleich aber betont dieser etwas sprunghaft scheinende Ansatz die emotionale Gedankenwelt.

Page bleibt selbstkritisch, um seine Privilegien als Hollywoodstar wissend. Zu keinem Zeitpunkt gibt es offene Anfeindungen oder klischeehafte, erhobene Zeigefinger. Es gibt Dankbarkeit für die, die ihm geholfen und zu Seite gestanden haben, Entschuldigungen und Verständnis für andere, denen er möglicherweise auch durch seine eigene Unsicherheit verletzt oder vor den Kopf gestoßen hat. Gleichwohl gerät sein Werk zu einem Plädoyer für mehr Menschlichkeit, Akzeptanz, Aufmerksamkeit und Respekt für die LGBTQ+ Community. Betroffenen dürfte Page aus der Seele schreiben und ihnen signalisieren, dass sie nicht allein sind. Das untermauert der Schauspieler auch mit seinem weiteren persönlichen Engagement.

Fazit:

Es ist unmöglich, von Elliot Page nicht mitgerissen zu werden. „Pageboy“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Die eindrücklich erzählte Lebensgeschichte einer bewundernswerten, noch so jungen Persönlichkeit berührt zutiefst.  Bleibt von Herzen zu wünschen, dass Elliot Page nun endlich seinen Weg weiter gehen kann und uns dabei auch zukünftig mit eindrücklicher Schauspielkunst begeistert. 

Pageboy: Meine Geschichte

Elliot Page, S.Fischer

Pageboy: Meine Geschichte

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