Michael Jordan - Die Biografie

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Thomas Gisbertz
8101

Sachbuch-Couch Rezension vonNov 2024

Wissen

Umfassender und detaillierter wird man das Leben der US-Sportikone kaum wiedergeben können.

Ausstattung

Eine Bibliografie vermisst man leider, so dass man sich auf den Wahrheitsgehalt der Aussagen verlassen muss. Fotos gibt es gesammelt im Mittelteil der Biografie.

Eine umfassende Biografie, die aber die Faszination Jordan verständlicherweise nur bedingt wiedergeben kann.

Für alle, die das große Glück hatten, in den 80er- und 90er-Jahren aufzuwachsen, ist und bleibt er einer der Sportikonen schlecht hin: Michael Jordan. Der Basketballer mit der legendären Nr. 23 gewann mit den Chicago Bulls von 1991-1998 nicht nur sechs Mal den NBA-Titel, sondern wurde auch fünf Mal zum MVP, den besten Spieler der Liga gewählt, gewann zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen mit dem US Dream Team und wurde sechs Mal zum Finals-MVP gekürt. Es gibt wohl kaum einen Rekord, den der begnadete Basketballer während seiner erfolgreichen Karriere nicht brach. Für viele gilt Jordan daher bis heute als der beste Basketballspieler der NBA-Geschichte, für manche sogar als der US-Sportler überhaupt.

Der US-amerikanische Journalist und Autor Roland Lazenby, ausgewiesener Fachmann in Sachen Basketball und Verfasser zahlreicher Sportsachbücher, unter anderem über Magic Johnson, Kobe Bryant und Jerry West, hat sich an das Projekt Michael Jordan gewagt. Herausgekommen ist dabei eine über 750 Seiten umfassende Sportbibel, die wirklich über alles aus dem Leben des Basketballers zu berichten weiß. Lazenby geht es dabei nicht nur um die sportliche Karriere Jordans, sondern er widmet sich ebenso den kulturellen und politischen Hintergründen. Ein akribisch recherchiertes Werk, das aber die Faszination Michael Jordan nur ansatzweise wiedergeben kann. Denn wer ihn nicht spielen sah, für den wird diese Biografie eine große Herausforderung.

Stimmen, Fakten, Meinungen

Ungewöhnlich ist sicherlich, dass die zahlreichen Aussagen, Gespräche, Hinweise und Notizen in keiner Weise belegt werden. Alles basiert auf Interviews mit Trainern, Freunden, Teamkollegen, Familienmitgliedern und natürlich Michael Jordan selbst. Sicherlich ist der Lebenslauf in äußerst mühevoller Kleinarbeit recherchiert. Man muss aber Autor Roland Lazenby vertrauen, dass sämtliche Inhalte, nicht nur die Fakten, stimmen und in den richtigen Kontext eingebettet werden. Vielleicht ist eine derart umfassende, mosaikstückhafte Arbeit auch anders nicht zu bewältigen. Leider ist es ohne die Bibliografie nicht möglich, sich genauer mit einzelnen Aspekten und Inhalten aus dem Leben Jordans zu beschäftigen, da die Quellen nicht genannt werden. Einzig die zahlreichen für Laien unbekannten englischen Fachausdrücke aus dem Bereich des Basketballs werden übersetzt und Namen, u.a. von Persönlichkeiten des US-Sports, näher erläutert. Dabei ist die Biografie alles andere als ein Buch für Leser, die sich mit Basketball nicht auskennen.

Sehr detailverliebt

Es stellt sich die Frage, ob eine stärkere inhaltliche Schwerpunktsetzung nicht besser gewesen wäre. So beginnt Lazenby mit dem Jahr 1891 und Jordans Ur-Großvater Dawson, um aufzuzeigen, aus welch ärmlichen Verhältnissen die Familie stammt. Gleichzeitig verweist er auf die Gemeinsamkeiten Michaels mit seinem Ur-Großvater. An Stellen wie diesen wird leider allzu deutlich, wie Lazenby die Person Jordan glorifiziert. Oftmals würde man sich eine größere Distanz wünschen, um einen kritischeren Blick auf das Leben des erfolgreichen Basketballers zu werfen. Für die Verherrlichung sorgt Jordans beeindruckende Karriere später von ganz alleine. Man stellt sich beim Lesen unwillkürlich die Frage, was genau der Autor bei der Biografie in den Vordergrund stellen wollte: den Sportler oder den Menschen Michael Jordan. Wenn es ihm um letzteren geht, sind die zahlreichen, seitenlangen Beschreibungen der Spiele - beginnend mit Jordans Highschool-Zeit bis hin zum NBA-Profi - zu viel des Guten, zumal Lazenby hier etwas von der Aura Jordans einzufangen versucht, was mit Worten kaum möglich ist. Das Privatleben des großen US-Sportlers wird allerdings fast ausschließlich im Kontext des Basketballs und seiner Karriere beschrieben. Da Lazenby den Spagat zwischen beiden Bereichen - Sport und Privatleben - wagt, wäre es sinnvoll gewesen, beides schärfer in den Kapiteln zu trennen. Dies würde aber nicht Lazenbys Stil entsprechen, der in den Kapiteln schreibt, was ihm zu den Themen in den Sinn kommt. Vielleicht bekommt man deswegen bei der Lektüre den Eindruck, mit einem Jordan-Fan an einem Tisch zu sitzen, der begeistert sein Wissen preis gibt - und dem man fasziniert zuhört.

Nerd-Wissen

Für Basketballliebhaber hat die Biografie jede Menge zu bieten. Hier ist es der Detailverliebtheit und Sorgfalt Lazenbys zu verdanken, dass man auf zahlreiche interessante Randnotizen stößt und bislang Unbekanntes über Michael Jordan erfährt. Der Fundus an Wissenswertem erscheint unerschöpflich und die Lektüre ist alleine aus diesem Grund lohnenswert. Wenn die Biografie eines deutlich vor Augen führt, dann ist es der Einfluss des einstigen US-Stars - zum einen auf den Basketballsport, zum anderen auf die Wirtschaft als Werbeikone und Unternehmer. Ob Michael Jordan wirklich „The greatest one“ des Basketballs ist, soll jeder für sich beantworten. Für Jordans langjährigen Konkurrenten und Freund Magic Johnson ist die Antwort allerdings klar: „There’s Michael Jordan and then there is the rest of us.“

Fazit

Wer Michael Jordans Spiel liebte, der wird gerne auch diese umfassende Biografie über ihn lesen. Besonders die Kapitel über seine NBA-Zeit sind äußerst lesenswert. Wer kein Basketball-Fan ist, der wird sich aber mit der Lektüre schwertun. Man muss sein Herz an diesen Sport verloren haben, um bei aller Akribie nicht den Überblick zu verlieren und Roland Lazenbys Ausführungen mit überaus großem Interesse zu folgen.

Michael Jordan - Die Biografie

Roland Lazenby, Edel Sports

Michael Jordan - Die Biografie

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