Hitlers Komplizen

  • DVA
  • Erschienen: Oktober 2025
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Hitlers Komplizen
Hitlers Komplizen
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Carola Krauße-Reim
7101

Sachbuch-Couch Rezension vonNov 2025

Wissen

Nur wenig Neues, Zielsetzung des Autors nicht durchweg gelungen

Ausstattung

Nur jeweils ein Porträtfoto; ausführliche Bibliografie, Personen- und Sachregister

Nur wenig Neues.

Der Brite Sir Richard J. Evans (*1947) war Professor of Modern History und lehrte u.a. in Cambridge, London und Stirling. Seine Publikationen zur deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, und da vor allem die zum Nationalsozialismus, fanden weite Beachtung und Anklang. Im vorliegenden Werk fragt sich Evans „Wer waren die Nazis?“. In Kurzporträts sucht er nach dem moralischen Kompass und der Motivation von 24 Menschen, die entweder maßgeblich am NS-Regime beteiligt waren oder als willige Deutsche dem Ganzen Vorschub leisteten. Er sagt im Vorwort: „Der vorliegende Band ist ein Versuch, die Persönlichkeiten der Täter im Rahmen ihres sozialen und politischen Kontexts zu verstehen“. Das ist ihm nur bedingt gelungen.

Vom „Führer“ bis zu den „Werkzeugen“

Evans hat die vorgestellten Personen in 4 Kapitel eingeteilt. Er beginnt mit dem Diktator Hitler, dann folgen „Die Paladine“, wie z.B. Göring, Goebbels, Speer und Himmler, „Die Vollstrecker“ mit u.a. Heß, Eichmann und Heydrich und zum Schluss kommen „Die Werkzeuge“, die in ihrem persönlichen Umfeld und mit ihren Tätigkeiten das NS-Regime unterstützten, wie z.B. Leni Riefenstahl. Zudem stellt der Autor in einem ausführlichen Vorwort seine eigene Motivation für dieses Buch vor und fasst die Ergebnisse in einer Schlussbetrachtung zusammen. Im Anhang sind eine ausführliche Bibliografie, neben einem Personen- und Sachregister zu finden, wie auch die Anmerkungen zu den Fußnoten. „Hitlers Komplizen“ ist eine Betrachtung, die das Thema wissenschaftlich angeht. Dementsprechend sind Aufbau und Stil, dennoch kann man den Ausführungen des Autors leicht folgen. Außerdem ist „Hitlers Komplizen“ ein Buch, das man immer wieder zur Hand nehmen kann und nicht zwangsweise von vorne nach hinten durchlesen muss. Und Pausen wird man während der Lektüre brauchen, denn die vorgestellten Personen haben Fürchterliches begangen oder geduldet.

Kaum Neues

Wer sich für die Geschichte des Dritten Reiches interessiert, wird im Buch nur bedingt Neues finden. Bis auf das letzte Kapitel „Die Werkzeuge“ werden Personen vorgestellt, die so eng mit der Naziherrschaft verbunden sind, dass man deren Leben und Taten kennen dürfte. Verstehen, wie der Autor es im Vorwort angibt und im Laufe des Buches anstrebt, wird man diese Menschen wahrscheinlich nie können oder auch nur wollen. „Die Werkzeuge“ allerdings sind Menschen, die in den hinteren Reihen der Nazis agiert haben. Und das macht sie interessant, da sie „Gewöhnliche Deutsche“ waren, die plötzlich ein Regime unterstützten, das totalitär und menschenverachtend war. Auch ihr Verhalten und Motivation steht außerhalb jedes Verständnisses, ist aber gerade in unserer heutigen Zeit lehrreich.

24-mal Erschreckendes

„Hitlers Komplizen“ ist kein Unterhaltungsbuch und sein Inhalt nicht leicht zu verdauen. Fraglich ist, ob es wirklich noch ein Buch über die vorgestellten Personen geben muss. Gerade über die höheren Ränge unter den Nazis sind schon viele populärwissenschaftliche Veröffentlichungen und wissenschaftliche Arbeiten erschienen. Doch muss man zugeben, dass Evans alle maßgeblichen Täter in dieses Buch gepackt und somit eine Art Lexikon der namhaftesten Nazis geschaffen hat. Schade ist allerdings, dass er bis auf eine Aufnahme zu Beginn jedes Porträts auf Fotos verzichtet. Das hätte das ansonsten extrem textlastige Buch etwas aufgelockert.

Fazit

Ein wissenschaftlich gehaltenes Buch, das Interessierten, mit Ausnahme des letzten Kapitels, wenig Neues bieten dürfte. Wer aber etwas über die führenden Köpfe des Nationalsozialismus erfahren möchte, sollte den Ausführungen von Richard J. Evans folgen. Ob dessen Intuition, die Motivation und moralische Rechtfertigung der Vorgestellten zu erarbeiten, gelungen ist, kann man in Frage stellen und muss von der Leserschaft selbst entschieden werden.

Hitlers Komplizen

Richard J. Evans, DVA

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