Die Wildnis der Zukunft

Die Wildnis der Zukunft
Die Wildnis der Zukunft
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Julian Hübecker
5101

Sachbuch-Couch Rezension vonFeb 2024

Wissen

Man erfährt viel, aber wenig Neues.

Ausstattung

Viele unterhaltsame, erschreckende und wunderschöne Bilder.

Reich bebilderte Aufnahme über den Zustand der Wildnis.

Was bedeutet in der heutigen Zeit eigentlich Wildnis? Gibt es echte Wildnis überhaupt noch? Und welche Prognose lässt sich treffen, ob in Zukunft Wildnis möglich sein wird? Diese und weitere Fragen sind entscheidend dafür, wie wir die Natur weiter beeinflussen können und vielleicht sogar sollten.

„Dass der Mensch den größten Teil der nutzbaren Landfläche ganz für sich in Anspruch nimmt, ist einer der Hauptgründe für das Artensterben.“

Der Untertitel dieses Buches lautet: „Vom Leben und Überleben in der Welt der Menschen“. Sollte es nicht vielmehr heißen: „(…) und Überleben der Menschheit?“ Denn es geht nicht nur darum, ob der Tiger als Art überlebt oder wir uns auch in Zukunft an Walen erfreuen können, sondern vor allem darum, ob der Mensch überlebt, wenn der Verlust der Wildnis so drastisch weitergeht, wie es bisher aussieht. Aber vielleicht sollte die erste Priorität sein, zu schauen, wie die Lebewesen um uns herum zu überleben versuchen? Vielleicht braucht es dieses Verständnis, um zu wissen, wo man im Biodiversitätsschutz ansetzen muss, um die letzten Naturschätze zu bewahren.

Neben Vorwort und Epilog gibt es 6 Kapitel, die einen Status Quo aufbauen, wie unsere Wildnis mittlerweile aussieht. In „Unser Bildnis der Wildnis“ wird kurz erläutert, was Wildnis eigentlich bedeutet und wie sich dieser Begriff im Laufe des Anthropozäns, des Zeitalters des Menschen, verändert hat. Anschließend wird in „Faszination Vielfalt“ beschrieben, warum Biodiversität – also die Vielfalt des Lebens – wichtig ist. Was sollte es mich kümmern, ob Käfer X oder Ameise Y überlebt? Der Zusammenhang zwischen Vielfalt und gesunder Wildnis wird hier treffend erklärt und Begriffe wie „Ökosystem“ und „Schlüsselart“ sinnvoll eingebracht.

Im Kapitel „Vom Aussterben“ geht es dann ans Eingemachte: Der Mensch kommt hier wahrlich nicht gut weg, wenn die unterschiedlichen Gründe aufgezählt werden, warum Arten aussterben. Daher schließt dieser Buchteil auch mit der Frage ab: „Das 6. Sterben?“ Doch es geht noch präziser, indem in „Vom Meer“ und „Vom Land“ nochmal genau hingeschaut wird, wo wir derzeit vor gigantischen Problemen der Umweltzerstörung stehen. Da geht es um Pestizide, Mikroplastik, Überfischung, Abholzung und vieles mehr. Erst im Kapitel „Bewahrte Wildnis“ erfährt man dann, welche Naturschutzmaßnahmen aktuell zum Einsatz kommen, um das zu retten, was wir derzeit noch haben.

Aber wie sieht nun die Wildnis der Zukunft aus?

Bilder, die für sich sprechen

Der Inhalt des Buches wird dem Titel leider nicht gerecht – und das ist auch das große Manko des Buches. So sinnig auch alles beschrieben wird, so übertragbar sind die Informationen auf andere Bücher der gleichen Art. Es ist naheliegend, sich die Frage zu stellen: Braucht es dann überhaupt dieses Buch? Denn eigentlich könnte man sich etwas anderes erhoffen, wenn man nur den Titel kennt: Welche Bemühungen gibt es derzeit, um das zukünftige Artensterben aufzuhalten? Wie könnte eine gesunde Wildnis in Zukunft aussehen, wenn die menschliche Bevölkerung im Begriff ist, weiterhin zu wachsen? An welchen Innovationen wird derzeit geforscht, um die Landwirtschaft effizienter und flächenmäßig kleiner zu gestalten?

Diese und weitere Fragen sind nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern beschäftigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit. Dazu findet man in dem Buch jedoch wenig. Kleinere Ansätze sind da, indem zum Beispiel die Stadt als Lebensraum hervorgehoben wird – Städteplanung ist ein wichtiges, zukunftsorientiertes Thema. Wieviel Raum braucht eine gesunde Wildnis überhaupt? Auch diese Frage wird kurz angeschnitten. Am bedauerlichsten ist aber, dass die Frage nach der „neuen Wildnis“ erst auf den letzten fünf Seiten beantwortet wird. In diesem Sinne muss ernsthaft darüber nachgedacht werden, ob es dieses Buch wirklich braucht.

Wer sich völlig neu mit dem Thema beschäftigen möchte, dem sei das Buch durchaus empfohlen. Denn Heinz Krimmer, Journalist von Beruf, weiß zu schreiben und auch die unangenehme Wahrheit in den Vordergrund zu rücken. Wem das alles jedoch nicht unbekannt ist, der wird zumindest an den zahlreichen Fotos und Grafiken seine Freude haben. Auf für Kosmos gewohnte Art sind die Abbildungen hochwertig und farbkräftig. Sie fügen sich passend in die Sachtexte ein und sorgen daher für einen abwechslungsreichen, dynamischen Lesefluss. Zusätzlich finden sich besonders wichtige Zitate aus den Texten mittig und in roter Schrift nochmal auf den Seiten wieder. Dadurch bekommt man einen schnellen Eindruck über die jeweiligen Inhalte.

Fazit

Das Buch „Die Wildnis der Zukunft“ ist von hochwertiger Aufmachung und besticht in erster Linie durch die fantastischen Fotografien. Der Titel verleitet dazu, einen Blick in die Zukunft zu erwarten. Allerdings ist es vielmehr eine Aneinanderreihung des Status Quo der Gegenwart. Daher ist meine Empfehlung an die individuelle Erwartungshaltung der Lesenden geknüpft. Mir hat es leider nicht gereicht.

Die Wildnis der Zukunft

Heinz Krimmer, Kosmos

Die Wildnis der Zukunft

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